Worum geht es überhaupt?
Oft möchte man in der Landschaftsfotografie eine durchgehende Schärfe vom Vordergrund bis zum Hintergrund erreichen. Das klingt zunächst nicht schwer, kann aber bei verschiedenen Situationen durchaus knifflig werden. Grundsätzlich wird die Schärfentiefe mit geschlossener Blende kleiner. Man könnte also meinen, das z.B. bei einer gewählten Blende von 22 die erreichte Schärfentiefe groß genug ist. Doch da kommt leider die Physik dazwischen, denn bei zunehmendem Abblenden leidet insgesamt die Bildqualität. Wann der Effekt der Diffraktion deutlich sichtbar wird hängt von der Sensorgröße und der Güte des verwendeten Objektivs ab.
Die Lösung
Man kennt es vielleicht aus der Makrofotografie: Ein Insekt, das von vorn bis hinten durchgehend scharf abgebildet ist. Wer schon mal im Makrobereich gearbeitet hat weiß, dass die Schärfentiefe hier nur noch wenige Millimeter oder weniger beträgt. Hier kommt nun das Fokusstacking ins Spiel. Dabei werden mehrere Aufnahmen gemacht, die sich nur in der Lage des Fokuspunktes unterscheiden. Diese einzelnen Fotos werden dann in einer Bildbearbeitung zusammengelegt oder eben “gestackt”.
Automatisch
Die Einzelaufnahmen machen die Kameras zum Teil automatisch (Fokus Bracketing) und fügen diese bei Bedarf auch direkt zu einem einzigen Foto zusammen. Bei den meisten Olympus Kameras zählt dieses Feature seit Jahren zu Grundausstattung. Im automatischen Fokus Stacking kann man bis zu 15 Fotos verrechnen lassen. Wählen kann man hierbei den Fokus Abstand und die Anzahl der aufzunehmenden Fotos. Jedes Einzelbild wird als RAW Datei gespeichert. Das gestackte Bild liegt dann jedoch als JPG Datei vor.
Möchte man die Aufnahmen lieber selbst zusammensetzen, so wählt man bei Olympus das Fokus Bracketing. Hierbei sind bis zu 999 Einzelfotos nötig. Auch hier kann man den Fokusabstand wieder selbst bestimmen. Einmal ausgelöst macht die Kamera dann automatisch die gewünschte Anzahle an Fotos.
Oder Manuell
Es geht aber natürlich auch ohne Automatik. Je nach Szenerie benötigt man unterschiedlich viele Fotos. In der Landschaftsfotografie reichen oft drei Fotos. Beim ersten liegt der Fokus weit vorn, beim zweiten in der Mitte und beim dritten Foto dann auf dem Hintergrund. Als Blende kann man Werte zwischen 5.6 und 8 wählen und liegt so bei den meisten Objektiven am Auflösungsmaximum. Die Fotos lassen sich dann z.B. in Photoshop sehr einfach zu einem Foto kombinieren.
Da ich die Fotos zuvor in Lightroom bearbeite, öffne ich diese direkt aus Lightroom mit einem Rechtsklick auf die Fotos. Dann wählt man “in Photoshop als Ebenen öffnen”. Nun werden die ausgewählten Fotos in Photoshop geöffnet, jedes auf einer Ebene. Dann werden alle Ebenen markiert und der Befehl “Ebenen automatisch überblenden” im Bearbeiten Menü aufgerufen. Dort wählt man dann “Bilder stapeln” aus und hakt “Nahtlose Töne und Farben” an.
Egal bei welcher Methode, ein Stativ und Fernauslöser oder Timer sind hierbei Pflicht.
Im Folgenden zeige ich zwei übliche Szenarien, die dank des Stackings zu durchgehend scharfen Fotos führen.
Vordergrund sehr nah
Bei der folgenden Szene war die Mauer im Vordergrund recht nah am Objektiv. Die Brennweite betrug 24 mm. Der vor Ort geschätzte Abstand der Mauer ca. 70 cm. Die Anforderung lautet also: Ein Foto mit einer durchgehenden Schärfe von 70 cm bis unendlich. Gebe ich diese Werte nun in eine App ein, die den Schärfeverlauf simuliert, so erhalte ich folgende Informationen: Fokussiere ich auf 1.5m, so reicht die Schärfe bei Blende 8 von 68 cm bis unendlich. Theoretisch würde das also reichen. Es handelt sich jedoch hier nur um eine “annehmbare Schärfe”. Möchte man jedoch gerade den Vordergrund pixelscharf abbilden, ist diese Vorgehensweise riskant.
Wenn das nächste Objekt/Motiv, das ich im Bild haben möchte noch näher an der Frontlinse ist, dann ist mit einem einzigen Foto keine durchgehende Schärfe mehr möglich. Ich habe hier drei Fotos mit Blende 5.6 kombiniert. Das “mittlere” Foto lasse ich in den Bildbeispielen weg.
1. Rechts im Bild sieht man das Foto mit dem Fokus auf den Vordergrund, links das mit dem Fokus auf dem Hintergrund (Der Vordergrund ist im Bildausschnitt unscharf)
2.Rechts im Bild sieht man das Foto mit dem Fokus auf den Vordergrund (Hintergrund ist im Bildausschnitt unscharf), links liegt der Fokus auf dem Hintergrund.
3. Das zusammengefügtes Foto ist im Hintergrund scharf…
…und auch im Vordergrund.
Verwendung längerer Brennweiten
Es gibt Szenen, die mit längeren Brennweiten aufgenommen sind und dadurch auch geringere Schärfentiefe bieten als mit einer geringeren Brennweite bei gleichem Standpunkt. Dann funktioniert es auch theoretisch nicht Vorder- und Hintergrund gleichermaßen pixelscharf abzubilden. Im gezeigten Beispiel mit dem Rapsfeld habe ich mit einer Brennweite von 94 mm fotografiert. Die vorderen Rapspflanzen waren jedoch weniger als 1 m entfernt. Mit einem Foto und leichter Telebrennweite wäre eine durchgehende Schärfe nicht möglich. Auch hier reichen drei Fotos mit verändertem Fokus aus um das gewünschte Resultat zu erzielen.
1. Foto mit Fokus auf dem Vordergrund, der Hintergrund ist deutlich unscharf. (100% Ansicht aus Lightroom, ungeschärft)
2. Foto mit Fokus auf dem Hintergrund. (100% Ansicht aus Lightroom, ungeschärft)
3. Zusammengefügtes Foto mit durchgehender Schärfe. (In Lightroom nachgeschärft)
Beachten sollte man, das mit dem Verschieben des Fokuspunktes auch ein minimal anderer Bildausschnitt entsteht. Das gestackte Foto hat einen etwas kleineren Bildausschnitt als die Einzelfotos. Das ist in den Gesetzen der Optik begründet und entsteht durch den minimal veränderten Abstand zum Motiv durch das Fokussieren. Starker Wind kann dazu führen, das die Fotos nicht sauber aneinander gefügt werden können, da sich z.B. Bäume, Wolken oder Wasser während der Aufnahmen bewegen.
Ein wenig experimentieren braucht man um zu wissen, wie viele Fotos man bei der gewünschten Szene benötigt und wieweit man die Fokuspunkte auseinander legen muß. Mit der Faustregel von drei Fotos mit den Fokuspunkten “Vorn, Mitte, Hinten” kann man schon viele Szenen in der Landschaftsfotografie abdecken und erhält so nicht nur “annehmbare” scharfe Foto, sondern solche mit durchgehender Schärfe vom ersten bis zum letzten sichtbaren Pixel.
Viel Spaß beim Ausprobieren 🙂
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo! Man kann auch fünf oder acht Fotos in der Reihe machen und später im Workspace die drei passenden zusammen setzen. Ich hab mir das auf einem C-Programm eingestellt und habe das dann schnell zur Hand.
Viele Grüße
Frank
Hi Frank,
danke für Deinen Beitrag.
Klar, bei Olympus Kameras geht das. Der Artikel sollte aber auch anderen usern den Sinn des stackings deutlich machen.
Schöne Grüße,
Helmut